Wie Amazon die Buchrezensionen
manipuliert
Am 7. Februar 2014 erschien ein neues
Buch bei Amazon. Es handelt sich um ein Buch, das die sogenannte
»dritte Macht« zum Inhalt hat, also ein Thema, das ich persönlich gar nicht schätze.
Ich habe mir deshalb lange und gut überlegt, ob ich es hier
verlinken will, mich dann aber dafür entschieden. Interessant ist
nämlich was danach passierte:
Bereits am 9. Februar hatte dieses Buch
einen Amazon-Verkaufsrang von knapp über 2000. Alle Welt schien also
nur auf seine Veröffentlichung gewartet zu haben, obwohl der Autor
völlig unbekannt ist. Meinen Recherchen zufolge war es sein erstes
Buch...zumindest unter diesem Pseudonym.
Nur deshalb entschloss ich mich, das
Buch weiter zu beobachten.
Einige Tage Tage später, am 21.
Februar, erschien die erste Rezension. Sie ging ausführlich auf die
Wissenschaftlichkeit des Buches ein und sprach ihm einfach alle
Qualitäten zu, die ein Buch zu diesem Thema nur haben könne. Was
ihr allerdings fehlte war der Zusatz, dass der Rezensent das Buch tatsächlich bei
Amazon gekauft hatte.
Wie jeder weiß, hat Amazon vor einiger
Zeit eine Neuerung eingeführt. Rezensionen von tatsächlichen
Käufern eines Produktes werden seither mit dem Zusatz »Von Amazon
bestätigter Kauf« versehen.
Dies war hier nicht der Fall.
Am 22. Februar erschien die nächste
und kurz darauf eine dritte Rezension. Auch bei ihnen fehlte der
Zusatz, dass es sich um tatsächliche Käufer, also Leser des Buches
handelte.
Besonders pikant: Darunter befindet
sich auch eine Rezension von »Mozartkugel«, einem der Top
500-Rezensenten von Amazon. Auch er hatte das Buch offenbar nicht bei
Amazon gekauft.
Am 23. Februar dann eine dritte, dieses
mal nicht ganz so positive 3-Sterne-Rezension. Auch sie bescheinigte
dem Buch allerdings absolute Top-Klasse, bemängelte lediglich eher unwichtige
Dinge wie z.B. eine Aufteilung des Themas auf mehrere Bücher.
Am 24. Februar war die erste Rezension
auf magische Weise verschwunden. Dafür trudelten nun langsam
wirklich negative Rezensionen ein, viele davon mit nur einem Stern
versehen.
Sie alle hatten eines gemein: Die
Zusatzbemerkung, dass es sich um tatsächliche Käufer des Buches
handelte. Es schien sich also um echte Kunden bzw. Leser des Buches
zu handeln.
Offenbar, so interpretiere ich die
Vorgänge zumindest, hatte sich der Verlag oder Autor selber mit
positiven Rezensionen bedacht oder andere Leute angestiftet, solche
zu verfassen. Als die ersten echten Rezensionen eintrudelten, kam die
Enttäuschung der echten Leser zum Vorschein.
Eine dieser 1-Sterne-Rezensionen, die
den Zusatz »Von Amazon bestätigter Kauf« trug war von einem
Rezensenten namens »Rezesgeber«. Er ging ausführlich auf das Buch
ein, wurde jedoch nicht etwa beleidigend oder brach andere
Grundsätze, die Amazon für seine Rezensionen aufstellt. Seiner
Ansicht nach widersprach sich das Buch in mehreren Punkten selber.
Interessanterweise war seine Rezension
nach nur 3 Tagen wieder verschwunden.
Drei weitere Tage später tauchte sie
wieder auf. Ihr Inhalt ließ nun keinen Zweifel mehr daran was
geschehen war. Aus ihm ging hervor, dass die Rezension von Amazon
gelöscht worden war....kommentarlos.
Noch einmal ging »Rezensgeber« auf
das Buch ein, blieb nach wie vor deutlich aber höflich und bot
denjenigen, die an seinen Aussagen zweifelten das Buch als Geschenk
an.
Es dauerte nur wenige Tage, dann war
auch diese Rezension wieder verschwunden.
Dafür tauchte die allererste
Jubelrezension wieder auf, jene, die den den Zusatz vermissen ließ,
dass der Rezensent das Buch je bei Amazon gekauft, geschweige denn
gelesen hatte.
Danach erschien die Rezension von
»Rezensgeber« erneut. Aus dem Text ging hervor, dass sie nicht von
Amazon wieder freigegeben worden war, sondern dass er sie, nun zum
dritten mal, eingestellt hatte. Er hatte sie nun aus purer
Verzweiflung als 5-Sterne-Rezesion eingestellt, ließ aber in seinem
Rezessionstext keinen Zweifel daran, dass er das Buch nicht
weiterempfehlen konnte.
Es entwickelte sich über einen Tag
lang eine Diskussion um die Vorgehensweise seitens Amazon in der ein
User namens »Dodelhojo« Amazon unmissverständlich aufforderte, den
Grund für die Manipulation zu nennen resp. diese zu unterlassen.
Es half nichts. Am 07.03.2014 war auch
diese Rezension, inklusive aller Diskussionsbeiträge, seitens Amazon
gelöscht worden.
Das Beispiel zeigt einmal mehr, wie es
um die Neutralität Amazons wirklich bestellt ist. Bittet man Amazon
um Hilfe weil Rezensionen tief unter die Gürtellinie schlagen und
von Beleidigungen nur so strotzen, erhält man eine lapidare Antwort
wonach sich Amazon nicht in die Meinungsäußerung von Rezensenten
einmische.
Gleichzeitig bemerkt man aber, dass
Amazon in einigen, ausgewählten Fällen alles zu unternehmen
scheint, dass bestimmte Bücher einen falschen Eindruck erwecken weil
unliebsame Rezensionen einfach gelöscht werden während, offenbar
fingierte, Eigenrezensionen bestehen bleiben.
Diese Vorgehensweise lässt nur zwei
Schlüsse zu:
- Entweder verhilft Amazon Büchern, die als »aussichtsreiche Gewinnbringer« eingestuft werden, zu größeren Verkaufserfolgen indem Kundenmeinungen gezielt manipuliert werden um hernach an solchen Büchern mitzuverdienen, oder
- es gibt Verlage, die Freunde unter den Amazon-Mitarbeiter haben, welche unliebsame Rezensionen auf Wunsch einfach verschwinden lassen.
In beiden Fällen sollten Kunden
gewarnt sein, sich auf Amazon-Rezensionen zu verlassen. Oftmals
könnte ein schlecht bewertetes und kaum auffindbares Produkt
deutlich besser sein als eines, das scheinbar nur gute Kritiken
erhielt und ganz vorn bei Amazon auftaucht.
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