Freitag, 7. März 2014

Wie Amazon die Buchrezensionen manipuliert

Am 7. Februar 2014 erschien ein neues Buch bei Amazon. Es handelt sich um ein Buch, das die sogenannte »dritte Macht« zum Inhalt hat, also ein Thema, das ich persönlich gar nicht schätze. Ich habe mir deshalb lange und gut überlegt, ob ich es hier verlinken will, mich dann aber dafür entschieden. Interessant ist nämlich was danach passierte:

Bereits am 9. Februar hatte dieses Buch einen Amazon-Verkaufsrang von knapp über 2000. Alle Welt schien also nur auf seine Veröffentlichung gewartet zu haben, obwohl der Autor völlig unbekannt ist. Meinen Recherchen zufolge war es sein erstes Buch...zumindest unter diesem Pseudonym.
Nur deshalb entschloss ich mich, das Buch weiter zu beobachten.

Einige Tage Tage später, am 21. Februar, erschien die erste Rezension. Sie ging ausführlich auf die Wissenschaftlichkeit des Buches ein und sprach ihm einfach alle Qualitäten zu, die ein Buch zu diesem Thema nur haben könne. Was ihr allerdings fehlte war der Zusatz, dass der Rezensent das Buch tatsächlich bei Amazon gekauft hatte.

Wie jeder weiß, hat Amazon vor einiger Zeit eine Neuerung eingeführt. Rezensionen von tatsächlichen Käufern eines Produktes werden seither mit dem Zusatz »Von Amazon bestätigter Kauf« versehen.

Dies war hier nicht der Fall.

Am 22. Februar erschien die nächste und kurz darauf eine dritte Rezension. Auch bei ihnen fehlte der Zusatz, dass es sich um tatsächliche Käufer, also Leser des Buches handelte.
Besonders pikant: Darunter befindet sich auch eine Rezension von »Mozartkugel«, einem der Top 500-Rezensenten von Amazon. Auch er hatte das Buch offenbar nicht bei Amazon gekauft.

Am 23. Februar dann eine dritte, dieses mal nicht ganz so positive 3-Sterne-Rezension. Auch sie bescheinigte dem Buch allerdings absolute Top-Klasse, bemängelte lediglich eher unwichtige Dinge wie z.B. eine Aufteilung des Themas auf mehrere Bücher.

Am 24. Februar war die erste Rezension auf magische Weise verschwunden. Dafür trudelten nun langsam wirklich negative Rezensionen ein, viele davon mit nur einem Stern versehen.
Sie alle hatten eines gemein: Die Zusatzbemerkung, dass es sich um tatsächliche Käufer des Buches handelte. Es schien sich also um echte Kunden bzw. Leser des Buches zu handeln.
Offenbar, so interpretiere ich die Vorgänge zumindest, hatte sich der Verlag oder Autor selber mit positiven Rezensionen bedacht oder andere Leute angestiftet, solche zu verfassen. Als die ersten echten Rezensionen eintrudelten, kam die Enttäuschung der echten Leser zum Vorschein.

Eine dieser 1-Sterne-Rezensionen, die den Zusatz »Von Amazon bestätigter Kauf« trug war von einem Rezensenten namens »Rezesgeber«. Er ging ausführlich auf das Buch ein, wurde jedoch nicht etwa beleidigend oder brach andere Grundsätze, die Amazon für seine Rezensionen aufstellt. Seiner Ansicht nach widersprach sich das Buch in mehreren Punkten selber.

Interessanterweise war seine Rezension nach nur 3 Tagen wieder verschwunden.
Drei weitere Tage später tauchte sie wieder auf. Ihr Inhalt ließ nun keinen Zweifel mehr daran was geschehen war. Aus ihm ging hervor, dass die Rezension von Amazon gelöscht worden war....kommentarlos.

Noch einmal ging »Rezensgeber« auf das Buch ein, blieb nach wie vor deutlich aber höflich und bot denjenigen, die an seinen Aussagen zweifelten das Buch als Geschenk an.
Es dauerte nur wenige Tage, dann war auch diese Rezension wieder verschwunden.

Dafür tauchte die allererste Jubelrezension wieder auf, jene, die den den Zusatz vermissen ließ, dass der Rezensent das Buch je bei Amazon gekauft, geschweige denn gelesen hatte.

Danach erschien die Rezension von »Rezensgeber« erneut. Aus dem Text ging hervor, dass sie nicht von Amazon wieder freigegeben worden war, sondern dass er sie, nun zum dritten mal, eingestellt hatte. Er hatte sie nun aus purer Verzweiflung als 5-Sterne-Rezesion eingestellt, ließ aber in seinem Rezessionstext keinen Zweifel daran, dass er das Buch nicht weiterempfehlen konnte.

Es entwickelte sich über einen Tag lang eine Diskussion um die Vorgehensweise seitens Amazon in der ein User namens »Dodelhojo« Amazon unmissverständlich aufforderte, den Grund für die Manipulation zu nennen resp. diese zu unterlassen.

Es half nichts. Am 07.03.2014 war auch diese Rezension, inklusive aller Diskussionsbeiträge, seitens Amazon gelöscht worden.

Das Beispiel zeigt einmal mehr, wie es um die Neutralität Amazons wirklich bestellt ist. Bittet man Amazon um Hilfe weil Rezensionen tief unter die Gürtellinie schlagen und von Beleidigungen nur so strotzen, erhält man eine lapidare Antwort wonach sich Amazon nicht in die Meinungsäußerung von Rezensenten einmische.
Gleichzeitig bemerkt man aber, dass Amazon in einigen, ausgewählten Fällen alles zu unternehmen scheint, dass bestimmte Bücher einen falschen Eindruck erwecken weil unliebsame Rezensionen einfach gelöscht werden während, offenbar fingierte, Eigenrezensionen bestehen bleiben.

Diese Vorgehensweise lässt nur zwei Schlüsse zu:

  1. Entweder verhilft Amazon Büchern, die als »aussichtsreiche Gewinnbringer« eingestuft werden, zu größeren Verkaufserfolgen indem Kundenmeinungen gezielt manipuliert werden um hernach an solchen Büchern mitzuverdienen, oder

  2. es gibt Verlage, die Freunde unter den Amazon-Mitarbeiter haben, welche unliebsame Rezensionen auf Wunsch einfach verschwinden lassen.

In beiden Fällen sollten Kunden gewarnt sein, sich auf Amazon-Rezensionen zu verlassen. Oftmals könnte ein schlecht bewertetes und kaum auffindbares Produkt deutlich besser sein als eines, das scheinbar nur gute Kritiken erhielt und ganz vorn bei Amazon auftaucht.

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